Die „POLENAKTION”

Ende Oktober 1938 wurden in der sogenannten „Polenaktion“ alle Juden mit polnischem Pass aus dem Gebiet des Dritten Reiches deportiert. Von der brutalen Vertreibung betroffen waren etwa 17.000 Menschen; mitnehmen durften sie lediglich das Allernötigste an Gepäck sowie zehn Mark. Bis zum 28. Oktober wurden etwa 9.000 Juden über die deutsch-polnische Grenze in die Grenzstadt Zbąszyń getrieben.
In den ersten Tagen gelang etwa 2.000 Menschen die Weiterfahrt ins Landesinnere. Die in Zbąszyń Verbliebenen überraschte die Entscheidung der polnischen Regierung, die Stadt abzuriegeln. Zehn Monate lang bemühten sich die Vertriebenen, entweder in eine polnische Stadt im Innern des Landes zu gelangen oder in ein anderes europäisches Land, in die USA oder nach Palästina zu emigrieren, wobei sie die bürokratischen Hürden des polnischen Staates zu überwinden hatten.
Die Stadtverwaltung und die Einwohner von Zbąszyń versuchten, in Zusammenarbeit mit jüdischen Hilfsorganisationen und entgegen dem offenkundig antisemitischen Vorgehen der staatlichen Zentralgewalt, ein gewisses Maß an „normalem Leben“ zu ermöglichen. Aus Erinnerungen von Augenzeugen sowie aus anderen Dokumenten geht hervor, dass die Einwohner der Stadt vielfach in Beziehung traten mit den Vertriebenen; Hinweise auf Konflikte in diesen unmittelbaren Kontakten gibt es nicht. Die Deportierten wurden in der ganzen Stadt einquartiert, in einer alten Mühle, in ehemaligen Pferdeställen der Armee sowie in Privatwohnungen. Finanziert wurde der Unterhalt der heimatlos Gewordenen von jüdischen Wohltätigkeitsorganisationen. Die letzten deportierten Juden verließen Zbąszyń buchstäblich am Vorabend des Zweiten Weltkrieges.
Von denjenigen, die in ein anderes Land hatten emigrieren können, überlebten die meisten, die Schicksale der anderen waren in der Mehrzahl tragisch.